Sieben Jahre, 31 IVF-Versuche, eine Eizelle aus Russland... die Ankunft von Baby Spencer in einem Krankenhaus an der Gold Coast in Australien ist für die 48-jährige Mutter Suvi Mahonen (@suvi_mahonen) in wahres Wunder. Aber diese Erfahrung machen immer mehr Frauen.
The Weekend Australian Magazine | 21. Januar 2023 | Von Jamie Walker (@jamiewalkertheoz) | Übersetzung ins Deutsche: Julia Jürgens
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Der blauäugige Junge sollte an einem schwülen Dienstag um 8 Uhr morgens an der Gold Coast in Queensland per Kaiserschnitt entbunden werden, und zwar in einem Entbindungsraum, der vor Emotionen nur so bebte. Die Ankunft eines Babys ist immer ein Ereignis, doch in diesem Fall war es wirklich bemerkenswert und grenzte an ein Wunder. Obwohl ihr Bauch durch die Schmerzmittel betäubt war, spürte Suvi Mahonen, wie der Geburtshelfer immer dringender an ihr zog und zerrte. Ihr Mann Luke, der wie ein Falke über ihrer Schulter thronte, tat sein Bestes, um sie zu beruhigen, aber in seiner Stimme lag eine gewisse Schärfe – wie immer, wenn er nervös war, und das konnte nicht gut sein. Nein, nein, nein. Jetzt konnte doch nichts mehr schief gehen. Eigentlich hätte die Schwangerschaft nie eintreten dürfen, geschweige denn bis zu diesem entscheidenden Punkt fortschreiten. Suvi war 48 Jahre alt und hatte sich in Australien, den USA und schließlich in Russland insgesamt 31 IVF-Behandlungen unterzogen. Sie zählte sie, immer und immer wieder, wobei sie die Enttäuschung und die fast ruinösen Kosten gegen die steigenden Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft abwog. „Es war verrückt", sagt Luke, 50 – und er weiß, wovon er spricht.
Für die anderen werdenden Mütter in seinem Leben ist Luke Dr. Waldrip, ein leitender Facharzt für Geburtshilfe und Gynäkologie am Gold Coast University Hospital, ein Veteran tausend schwieriger Geburten. Doch heute, während das Operationsteam unter der Leitung von Kollege Elrich Sem an der Arbeit ist, ist er nur ein weiterer nervöser werdender Vater, der die Hand seiner Frau hält und auf das Beste hofft. Wie erwartet hat es eine späte Komplikation gegeben. Suvi stand in der 13. Woche kurz vor einer Fehlgeburt und erkrankte dann an Schwangerschaftsdiabetes und Präeklampsie, so dass sie fünf Tage zu früh ins Krankenhaus gebracht werden musste. Dort wurde festgestellt, dass sich das Baby in Steißlage befindet, das heißt mit dem Kopf nach oben und nicht nach unten – ein Problem, das selbst bei einer Kaiserschnittentbindung besteht.
In der Regel kann Luke ein Neugeborenes innerhalb von zwei Minuten nach dem ersten Schnitt herausholen. Aber je mehr Zeit verstreicht – fünf Minuten, sieben Minuten – , desto mehr muss sein Kollege Sem zur Zange greifen, um den eingeklemmten Kopf des Babys zu befreien. Die Anspannung im überfüllten Operationssaal ist mit Händen zu greifen. „Was mir wirklich Angst gemacht hat, war Lukes Gesichtsausdruck, der immer besorgter wurde", erinnert sich Suvi. Als freiberufliche Journalistin konnte sie sich diese Geschichte nicht entgehen lassen. Unsere Fotografin Natalie Grono ist zusammen mit einem vom Paar beauftragten Videofilmer im Kreißsaal dabei.
Zum Glück für Suvi versperrt ein Bildschirm die Sicht auf die Operation, aber sie kann an dem dumpfen Gefühl, das die anstrengenden Bemühungen des Chirurgen hervorrufen, erkennen, dass es nichts Zartes an diesem Vorgang gibt. Schließlich kommt Spencer Harold Waldrip um 10.36 Uhr auf die Welt, strampelnd und weinend, mit einem gesunden Gewicht von 3,3 kg. „Ich kann ihn hören, ich kann ihn hören", sagt Suvi mit fester Stimme. Sie streckt die Hand aus und berührt den klebrigen Fuß des Babys, als wolle sie beweisen, dass er echt ist, dass es sich nicht um einen weiteren dieser erdrückenden Fehltritte handelt, die sie ertragen mussten. Lukes Gesicht ist von einem breiten, erleichterten Lächeln durchzogen. „Sag Hallo zu Mami", lächelt Sem und hebt den zappelnden Säugling hoch genug, damit sie ihn sehen kann. „Da ist er", sagt sie. "Oh, mein Schatz."
Als wir uns das nächste Mal sehen, sind alle zu Hause, einen Tag nach Suvis Entlassung aus dem Krankenhaus. Luke sieht müde, aber entspannt aus, während seine neunjährige Tochter Amity ihren schlafenden Bruder auf der Couch wiegt. Mutter und Sohn hatten nach der dramatischen Geburt beide ihre Probleme: Sie verlor 3,2 Liter Blut bei einer Nachblutung, während der kleine Spencer wegen vorübergehender Tachypnoe – einer feuchten Lunge – und niedrigem Blutzucker behandelt werden musste. Beide befinden sich auf dem Weg der Besserung. Suvi strahlt, ihre Haut glänzt. Sie muss sich selbst kneifen, dass sie nach allem, was sie durchgemacht haben, nun tatsächlich ein Baby hat. Was für eine Achterbahnfahrt! Rückblickend ist sich das Paar nicht sicher, wie sie es geschafft haben, die so unerbittlich scheiternden Fruchtbarkeitsbehandlungen so viele Jahre durchzustehen.
Laut einer Studie von Forschern der University of NSW aus dem Jahr 2021 werden in Australien jedes Jahr 81.000 IVF-Zyklen für etwa 15.000 geborene Babys durchgeführt – knapp fünf Prozent aller Geburten. Es ist davon auszugehen, dass in einem durchschnittlichen Klassenzimmer in diesem Land mindestens ein Kind sitzt, das in einer gläsernen Laborschale gezeugt wurde.
Es ist eine vielbeschworene Folge unserer Lebensweise: Mit zunehmender Bildung und wachsenden Arbeitsmöglichkeiten haben australische Frauen wie ihre Kolleginnen in anderen Industrieländern begonnen, länger mit der Gründung einer Familie zu warten. Im Jahr 1981 waren weniger als 15 Prozent derjenigen, die ihr erstes Kind bekamen, über 30 Jahre alt; heute sind es mehr als 51 Prozent, berichtet das Institute of Family Studies. Dies hat jedoch Auswirkungen auf die Aussichten auf eine erfolgreiche Schwangerschaft. Um es ganz offen zu sagen: Menschliche Eizellen altern nicht gut. Ab dem Alter von 33 Jahren beschleunigt sich die Rate der Chromosomenanomalien und erreicht bis zum 40. Geburtstag einer Frau 80 Prozent, wie Studien zeigen.
Die Erfahrung von Suvi und Luke machen immer mehr Paare. Suvi und Luke haben zwar früh geheiratet – sie war 21 – , aber Reisen und Karriere hatten Vorrang vor Kindern. „Die Wahrheit ist, dass wir viele Jahre lang nicht sehr glücklich waren", sagt sie. "Wir dachten: 'Wir haben noch viel Zeit', was vielleicht für Luke zutraf, aber nicht für Suvi. „Für uns Frauen hat die Evolution nicht mit der Art und Weise Schritt gehalten, wie wir unser Leben leben wollen", fährt sie fort. "Das mussten wir auf die harte Tour lernen."
Als sie sich ernsthaft um eine Schwangerschaft bemühen, ist Suvi 35 und hat Probleme mit der Fruchtbarkeit. Sie nimmt Clomid, ein Östrogenpräparat, zur Unterstützung des Eisprungs. Das Medikament wirkt. Ihre einst regelmäßige Periode bleibt jedoch nach der Geburt von Amity aus, was im Nachhinein betrachtet ein unheilvolles Zeichen ist. Weitere zwei Jahre vergehen, bis sie beschließen, dass ihr kleines Mädchen ein Geschwisterchen braucht.
Clomid kann angesichts von Suvis ausbleibender Menstruation nicht helfen. Im Jahr 2015 beginnen Suvi und Luke mit einer IVF-Behandlung, voller Hoffnung und natürlich auch voller Angst, denn wenn jemand das prekäre Risiko-Chancen-Verhältnis verstand, dann war es Luke. Beide bestehen darauf, ihre eigenen genetischen Bestandteile zu verwenden – seinen Samen, ihre Eizellen. Das Problem ist, dass Suvis Eierstöcke zu diesem Zeitpunkt schon stark beschädigt sind. Erster Schlag.
Sie wägen die ruinösen Kosten gegen die steigenden Chancen ab, schwanger zu werden.
Sie reisen nach Melbourne, um eine IVF-Behandlung zu beginnen. Nach einer schmerzhaften und anstrengenden Runde nach der anderen erweisen sich die entnommenen Eizellen als unbrauchbar: Als sie mit Lukes Spermien befruchtet und wieder eingepflanzt werden, nisten sich die Embryonen nicht ein. Zu allem Überfluss wird Suvis Darm während eines Eingriffs von einer Sonde auf qualvolle Weise perforiert. Das Paar beschließt, in die USA zu reisen, wo sie sechs Embryonen chromosomal testen lassen. Der Mann im weißen Kittel in der teuren Klinik in Los Angeles schüttelt den Kopf, als Luke nach der Lebensfähigkeit der Embryonen fragt; alle sind stark abnormal. Suvi ist wie betäubt. In Anbetracht ihrer Fruchtbarkeitsprobleme sollten sie über die Verwendung von Spender-Eizellen nachdenken, sagte der Arzt sanft. Ihre eigenen, sagt der Arzt, würden niemals funktionieren.
Stattdessen halten sie an ihrem Wunsch fest, ihr eigenes Sperma und ihre eigenen Eizellen zu verwenden, und verdoppelten ihre Bemühungen: Je mehr Eizellen sie sammeln, so ihre Überlegung, desto größer sind die Chancen, eine zu finden, die gesund ist. In der neunten Runde haben sie Glück: 10 Exemplare, möglicherweise genug, um sechs oder sieben Embryonen zu erzeugen. Aber als die Laborergebnisse zurückkommen, ist Lukes Zögern am Telefon bezeichnend. Einer von ihnen ist doch sicher lebensfähig? fragt Suvi. „Keiner", sagt Luke.
Sie machen weiter und verbrennen das Geld. IVF Australia beziffert die Kosten für eine IVF-Behandlung auf 10.275 Dollar, von denen etwa die Hälfte durch Medicare erstattet wird. Suvi weiß nicht, wie Menschen ohne ihre Mittel sich mehrere Versuche leisten können. Selbst mit Lukes großzügigem Gehalt haben sie es schwer. Ihre fröhlich zusammengewürfelte Wohnung in Surfers Paradise ist kaum ein Traumhaus für eine Familie, sagt sie und zeigt auf die glänzenden Häuser am Wasser auf der anderen Seite des Nerang River. „Wir besitzen kein zweites Auto, wir machen keinen Urlaub in Übersee und wir leben ganz sicher nicht in einer Villa", sagt sie. „Ich beschwere mich nicht. Wir haben Glück, dass wir es uns leisten konnten, so weit zu gehen, wie wir es mit den IVF getan haben. Aber wir haben auf dem Weg dorthin auch viel geopfert."
Im Jahr 2019, in der 26. Versuchsrunde, trafen Suvi und Luke eine Entscheidung. Nach jeder Entnahme, die unter einer leichten Narkose durchgeführt wurde, schrieb die Krankenschwester auf Suvis Handrücken die Anzahl der entnommenen Eizellen auf. Diesmal gab es keine Zahl, was Null bedeutete. „Meine Eierstöcke hatten völlig den Geist aufgegeben", sagt sie. Zweiter Schlag.
OK, sie würden sich für eine Eizellspende entscheiden. Die Frage war nur, wie? Nach australischem Recht darf dabei kein Geld den Besitzer wechseln: Das Verfahren ist altruistisch, d. h. die Eizellenspenderin kann sich ihre Auslagen erstatten lassen, darf aber nicht von der Vereinbarung profitieren. Manche Menschen wenden sich an eine Verwandte oder Freundin – diese Möglichkeit steht für Suvi und Luke aber nicht zur Verfügung. Sie haben die Wahl, gefrorene Eizellen aus dem Ausland zu importieren, in eine internationale Klinik zu reisen oder eine barmherzige Samariterin in Australien zu finden. Schließlich melden sie sich in einer geschlossenen Facebook-Gruppe, Egg - Donations Australia, und hoffen auf eine Übereinstimmung.
Die ersten Antworten sind, gelinde gesagt, nicht gerade überwältigend. Eine Frau aus Sydney sagt, sie würde gern regelmäßig Urlaub an der Gold Coast machen, um „ihr Kind" zu sehen. Wie sich herausstellt, ist die Erwartung einer dauerhaften Beziehung unter den Spenderinnen weit verbreitet. Suvi wählt ihre Worte mit Bedacht, da sie nicht undankbar erscheinen möchte. „Auf der Facebook-Seite sieht man, wie Frauen über die Spenderinnen sprechen und Dinge sagen wie: 'Oh, sie brauchen nicht viel, vielleicht eine Weihnachtskarte und ab und zu Fotos von dem Kind, damit sie sich zugehörig fühlen. Ich verstehe schon, das ist nicht viel, wenn man bedenkt, was sie für uns zu tun bereit sind. Aber das ist unsere Familie. Ich kenne diese Person nicht und ich möchte nicht unbedingt den Rest meines Lebens mit einer Person verbringen, die ich nicht kenne ... ihr eine Art Besitzanspruch auf unsere Familie geben. Wir haben uns dabei unwohl gefühlt."
Sie schauen in Richtung Ausland und fühlen sich mutloser denn je, als sich die Hebamme Leeah Flynn meldet. Die freundliche 37-jährige Frau aus Kingscliff im Norden von New South Wales, die selbst fünf Söhne hat, war gerührt von Suvis Ehrlichkeit. „Ich wusste, dass sie niemals aufgeben würde, bis sie ein Baby hatte", sagt Flynn. Suvi spürt sofort, dass die beiden zusammenpassen: „Leeah war anders. Sie sagte: 'Ich habe alles, was ich brauche', sie wollte gar nichts von uns." Die letzten Vorbehalte fielen von ihr ab, als Flynn einen Artikel über Epigenetik weiterleitete – darüber, dass die leibliche Mutter einem Baby immer ihren Stempel aufdrückt, bis hin zu den Fingerabdrücken, unabhängig vom Prozess der Empfängnis.
Am 9. Dezember 2020 wollte Suvi den Schwangerschaftstest gerade in den Müll werfen, als sie eine schwache rosa Linie bemerkte. Könnte der zweite Embryo, der mit Hilfe von Flynns gespendeten Eizellen entstanden war, tatsächlich angebissen haben? Nach all der Enttäuschung will Suvi nichts überstürzen, und das ist auch gut so. Nachfolgende Tests ergeben, dass es sich um ein falsches Positiv handelte.
Sie importieren eine Charge von sieben tiefgefrorenen Eizellen aus den USA, die 27.000 Dollar kosten, aber nur fünf von ihnen tauen auf. Eine der verbleibenden Eizellen kann nicht befruchtet werden, und nur zwei der vier nachfolgenden Embryonen beginnen mit der Mitose, der Zellteilung. Ein einziger Überlebender schafft es bis zum zweiten Tag. „Es braucht nur einen", sagt Luke, und eine Zeit lang sieht es so aus, als könnte es so sein: eine achtzellige Blastozyste am dritten Tag, eine vielversprechende Morula mit 16 Zellen am vierten Tag. Suvi macht sich bereit, am fünften Tag, dem Tag des Transfers, in die Klinik zu fahren, als das Telefon klingelt. „Es tut mir leid", sagt Luke. Das ist der dritte Streich.
Suvi spürte nichts, als Luke das Skalpell über ihren Unterleib gleiten ließ. „Ist er schon raus?", fragte sie. Die Minuten fühlten sich wie Tage an. „Und dann hörte ich Spencer schreien."
Lukes Freund Alexander Polyakov, ein IVF-Spezialist in Melbourne, schlägt dem Paar vor, es in der russischen O.L.G.A.-Klinik zu versuchen – der Einrichtung der gleichnamigen St. Petersburger Geburtshelferin und Gynäkologin Olga Zaytseff. Sie wirbt damit wirbt, dass sie bei Misserfolg der Behandlung den vollen Betrag zurückerstattet: „Unsere Garantie für eine Lebendgeburt". Bevor Covid-19 im Jahr 2020 die internationalen Grenzen schließen lässt, hat Luke sich über Kinderwunschkliniken in Zypern, Griechenland, der Tschechischen Republik und Südafrika, in denen IVF auf Spenderbasis legal ist, gründlich informiert. (Ihr Budget reichte nicht mehr für eine Behandlung in den USA, die dort viermal so viel kostet). Die Geld-zurück-Garantie von Olga Zaytseff gibt schließlich den Ausschlag, nicht nur in finanzieller Hinsicht. Luke sieht darin einen Vertrauensbeweis für die von ihr angebotene Dienstleistung. Ihr professioneller Glaube wird bestätigt, ebenso wie ihr Angebot der Rückerstattung. Von den 750 Patientinnen, die in den fünf Jahren bis Oktober 2022 erstattungsfähige Pakete abschlossen, bekamen 474 ein Baby, weitere 252 wurden entweder schwanger oder befanden sich in Behandlung, wie aus den von Zaytseff vorgelegten Unterlagen hervorgeht. Die übrigen 24 erhielten 30 bis 100 Prozent ihrer Kosten zurück, je nachdem, wann sie aus dem Programm ausschieden. (Das Weekend Australian Magazin bestätigt unabhängig solche Zahlungen an eine Reihe von Paaren in Europa). Luke war beruhigt, dass Poljakow die Klinik besucht hatte und beeindruckt war; er begann, die 65.000 Dollar für Suvi aufzutreiben.
Suvi kam an einem verschneiten Donnerstag im Januar 2021 in St. Petersburg an und war erleichtert, als sie am Flughafen abgeholt wurde. Die Klinik befand sich in einem stattlichen Gebäude am Newski-Prospekt, gegenüber der berühmten Kasaner Kathedrale der Zaren. Alles glänzte und war neu, das Personal sprach Englisch. Die IVF-Behandlung war anders als alles, was Suvi bisher erlebt hatte. Sie begann mit einer intensiven Vorbereitung mit Progesteron-Gel und Östrogenpflastern, um ihren Körper vorzubereiten. „In Russland wird man wirklich richtig in die Mangel genommen", sagt sie.
Sie flog nach Hause, um die Vorbereitungen fortzusetzen und sich in einem „Trainingszyklus" vor dem Embryo-Transfer täglich Progesteron zu spritzen. Eine bezahlte russische Eizellenspenderin war gefunden worden, Suvi und Luke waren damit einverstanden. „Ich denke, es ist ein einfacheres, unkomplizierteres Verfahren", sagt Luke. Am 13. März kehrten sie gemeinsam nach St. Petersburg zurück, um sich den zahlreichen Tests, Scans und Verfahren zu unterziehen, die sie nach 30 IVF-Behandlungen nur allzu gut kennen. Nach dem Transfer des Embryos, den der behandelnde Spezialist als erstklassig (4AA) einstuft, studiert Luke sorgfältig die Bilder der wachsenden Blastozyste und sagt seiner Frau, der Unterschied zu den vorherigen Versuchen sei „tiefgreifend". Zurück an der Gold Coast, macht Suvi am 4. April einen Schwangerschaftstest: zwei Linien, rosa und fest. Ihr Herz schlägt höher.
Dreizehn Wochen später liegt sie um Mitternacht auf dem Badezimmerboden und hört, wie ihr Blut in den Abfluss plätschert. Lukas vermutet, dass die Plazenta geplatzt ist und Mutter und Kind in großer Gefahr schweben. Suvi kann hören, wie ihr Mann zu sich selbst spricht: „Reiß dich zusammen, reiß dich zusammen. „Wir verlieren ihn", sagte sie. Nein, nein, nein.
Der Krankenwagen bringt sie in Lukes Krankenhaus, wo einer seiner Assistenten die Leitung übernimmt, während Luke sich in ein Waschbecken übergeben muss. „Ich war mir ziemlich sicher, dass die Schwangerschaft vorbei war", erinnert er sich. Doch dann haben sie endlich einmal Glück. Die Plazenta hat sich nur teilweise abgelöst, so dass die Nabelschnur intakt und die Lebensader des Babys erhalten geblieben ist. Als ob es einer Erinnerung bedurft hätte, wird ihnen klar, dass nichts, absolut nichts, als selbstverständlich angesehen werden kann.
In der 26. Woche wird bei Suvi eine Schwangerschaftsdiabetes und die damit häufig verbundene Präeklampsie festgestellt, die sich durch hohen Blutdruck äußert. Sie nimmt Medikamente und den ärztlichen Rat an, sich zu schonen, während die Wochen bis zu ihrem Termin im Kreißsaal verstreichen. Ausnahmsweise wird Lukes enzyklopädisches Wissen über Geburten für sie beide eine Belastung. Fachärzte seines Ranges haben meist mit schwierigen Fällen oder Notfällen zu tun, und im Laufe der Jahre hat er ihr Horrorgeschichten darüber erzählt, was alles schief gehen kann und auch manchmal schief geht, selbst bei scheinbar unkomplizierten Geburten. „Es gibt Dinge, die man lieber nicht wissen möchte", sagt Suvi.
In der Nacht vor dem Kaiserschnitt, der für den 22. November um 8 Uhr morgens angesetzt ist, macht Suvi kaum ein Auge zu. Das Baby schlägt wie wild um sich. Wahrscheinlich reagiert es auf die Steroide, die sie zur Stärkung seiner Lungen eingenommen hat – eine Routinemaßnahme bei einer leichten Frühgeburt mit 37,3 Wochen. Es kommt spontan zu einer Verzögerung; einige Mitglieder des OP-Teams haben sich krank gemeldet, Ersatz muss gefunden werden. Es ist kurz vor 10 Uhr, als sie abgeholt wird. Suvi bricht zusammen, als sie an dem vor ihrem Zimmer geparkten Kinderbett vorbeigerollt wird, ausgestattet mit einer Mütze für Spencer und einer Sauerstoffflasche.
Das war es also: Der Anästhesist setzte sie auf den Operationstisch, um ihren unteren Rücken für die Rückenmarksanästhesie zu betäuben. Gott sei Dank trifft die übergroße Nadel gleich beim ersten Mal. Dr. Sem bestätigt, dass sich das Baby in Steißlage befindet, mit dem Po nach unten, am oberen Ende des Geburtskanals. Suvi spürt nichts, als er das Skalpell über ihren Bauch schiebt, obwohl sie die immer eindringlicheren chirurgischen Maßnahmen spürt. „Ist er schon draußen?", fragt sie. "Nein, noch nicht", antwortet der Gynäkologe lapidar. Die Minuten fühlen sich wie Tage an.
„Und dann hörte ich Spencer schreien", sagt Suvi und erinnert sich an die Magie des Augenblicks. „Meine Hände sind oben ... es ist, als ob ich nach ihm greifen würde. Ich höre ihn, aber ich kann ihn noch nicht sehen. Sie fahren die Leinwand herunter und ich versuche, ihn zu berühren. Elrich sagt 'Nicht mich, nur das Baby', denn ich kann das sterile Tuch nicht durchbrechen, wenn er noch operiert. Jemand führt meine Hand und ich fühle diesen kleinen, gummiartigen Fuß – ich werde das nie vergessen. In diesem Moment weiß ich, dass er echt ist. Luke berührt ihn auch. Worte können die Emotionen, die zu diesem Zeitpunkt im Raum sind, nicht wirklich ausdrücken.“
Eine letzte Hürde. Eine Hebamme hebt Spencer von der Brust seiner Mutter und übergibt ihn, besorgt über seine Atmung, dem wartenden pädiatrischen Team. Bei einer vaginalen Entbindung wird das Baby buchstäblich durch die Mangel gedreht, indem Fruchtwasser aus der Lunge gepresst wird. Bei einer vorübergehenden Tachypnoe verursacht ein Überschuss an zurückgehaltenem Fruchtwasser Atembeschwerden, eine relativ häufige Komplikation bei Kaiserschnittgeburten. Zum Glück ist sie gut behandelbar, und Spencer erholte sich bald. Der niedrige Blutzuckerspiegel, der sich durch die harte Arbeit seiner Lunge noch verschlimmert hat, steigt ebenfalls an. Er ist aus dem Gröbsten heraus.
Nicht so Suvi. Sie verliert fast die Hälfte ihres Blutvolumens bei der Nachgeburtsblutung, die sie fast eine Woche lang im Krankenhaus festhält. Spencer erholt sich von Tag zu Tag, trinkt hungrig und nimmt an Gewicht zu.
Jetzt, wo sie sich alle zu Hause eingelebt haben, ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Suvi und Luke sagen, dass sie nie genau wissen werden, wie viel sie für die Geburt ihres „Wunderbabys" – wie sie es nennen – ausgegeben haben, aber es sind weit über 250.000 Dollar. Luke und Suvi sind sich einig, dass sie wahrscheinlich den Weltrekord halten würden, wenn das Guinness-Buch eine Kategorie für IVF-Versuche hätte. Zaytseff sagt, dass der am nächsten liegende Fall in ihren Akten der einer 42-jährigen Schwedin ist, die sich 28 Eingriffen unterzog, bevor sie letztes Jahr ein Kind bekam.
Luke rät seinen Patienten in der Regel davon ab, nach der siebten erfolglosen Behandlungsrunde weiterzumachen, mit der Begründung: „Wenn es bis dahin nicht funktioniert hat, dann wird es auch nicht funktionieren." Warum haben sie weitergemacht? „Es war die Entscheidung des Chefs", sagt er lächelnd. Suvi gibt zu, dass ihre Überlegungen nicht immer logisch waren. „Wenn man erst einmal auf der Achterbahn ist, ist es sehr schwer, wieder auszusteigen", erklärt sie. „Man lebt in der Hoffnung, dass es beim nächsten Mal klappt ... dass sich doch endlich etwas von dem auszahlen muss, was man investiert hat."
Vor allem hätte sich das Paar, wenn es die Zeit zurückdrehen könnte, früher um eine Eizellspenderin bemüht und wäre ins Ausland gegangen. Das australische System benachteiligt IVF-Patienten, glauben sie. So gut gemeint die altruistische Eizellpende auch sein mag, die Fallstricke sind akut und verschlimmern die ohnehin schon schwere finanzielle und emotionale Last der Fruchtbarkeitsbehandlung.
„Die australischen IVF-Gesetze sind leider veraltet und machen es Paaren sehr schwer, zumal Australien isoliert ist und Reisen in Länder, in denen beispielsweise IVF mit gespendeten Eizellen viel leichter zugänglich ist, extrem kostspielig sind", sagt Suvi. „Das und die Tatsache, dass einige der Gesetze einfach keinen Sinn ergeben.“ Sie verweist auf die erschreckende Diskrepanz bei der Einfuhr von Sperma und Eizellen. "Man kann gefrorenes Sperma und gefrorene Eizellen nach Australien einführen, aber man kann seine eigenen gefrorenen Embryonen nicht einführen, selbst wenn sie aus eigenen Ei- und Samenzellen entstanden sind."
Die strengen Vorschriften für Eizellspenden in Australien sollen, so heißt es gewöhnlich, die Ausbeutung von Frauen verhindern. Aber, so Suvi, „die Tatsache, dass die Eizellspende in Australien altruistisch sein muss, führt in einigen Fällen zu einer falschen Dynamik zwischen den Frauen, die ihre Eizellen spenden, und den Empfängern, wobei sich die Empfänger den Spenderinnen gegenüber emotional verpflichtet fühlen, die in diesem Austausch die Oberhand haben. Eine einfache Geldtransaktion für Eizellen scheint mir ein ehrlicherer und fairerer Austausch zu sein."
Lukes persönlicher und beruflicher Ratschlag lautet, früh loszulegen, wenn man Kinder haben möchte: „Machen Sie sich keine Illusionen über Ihre Fruchtbarkeit. Es ist ungerecht, dass das Zeitfenster von Frauen kleiner ist, aber so ist es nun mal", sagt er. Wenn Sie wirklich mit einem oder zwei Kindern zufrieden sind, sollten Sie mit 33 Jahren mit den Versuchen beginnen, und wenn Sie eine größere Familie wollen, sollten Sie mit 30 Jahren damit beginnen. Beruflich sehe ich viele Frauen in ihren späten 30ern und 40ern, die zu spät begonnen haben."
Suvi hört zu, während sie das Baby stillt. Wenn Spencer alt genug ist, werden sie ihm erzählen, wo er herkommt, von den Höhen und Tiefen ihrer IVF-Odyssee, und wenn er die Eizellspenderin kennen lernen will, werden sie versuchen, auch das zu ermöglichen, obwohl das in Russland derzeit nicht erlaubt ist. Ihr blauäugiger Junge und seine geliebte Schwester werden das alles erfahren, denn es ist die Geschichte der Familie, für die sie bis ans Ende der Welt gegangen sind. Ja, ja, ja. Das war es absolut wert.
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